Historisches  

        Burgruine "Freienstein"

Geschichte

Die Gründung der Burg im 13. Jahrhundert durch die Schenken zu Erbach lässt sich aus den mittelalterlichen Besitzverhältnissen erschließen. Ersterwähnung des Schlosses (ortsübliche Bezeichnung im Sinne von Festung) 1297. Die nach ihm benannten Herren von Freienstein waren Burgmannen der Erbauer. Ihnen diente der stark gesicherte Wehrbau mit seiner Mannschaft zur Überwachung und notfalls zur Abriegelung der den Gammelsbach begleitenden Straße aus dem Neckartal bei Eberbach nach dem inneren Odenwald um Michelstadt. Die Burg war zugleich ein Verwaltungssitz für 15 Dörfer einschließlich Beerfelden.

 

 

Burg Freienstein frühes 13. Jahrhundert. Kupferstich aus Kieser-Meissners Schatzkästlein 1627.


Dieses Gebiet des späteren Amtes Freienstein der Grafschaft Erbach hatte bis um 1035 zur Reichsabtei Lorsch gehört, die Bauern ansiedelte und im 12. Jahrhundert den Heidelberger Pfalzgrafen Konrad, den Bruder Kaiser Friedrichs Barbarossa, als mächtigen Obervogt und zur Ausübung der Gerichtsbarkeit einsetzte. Seinen Nachfolgern aus dem bayrischen Herzogshaus Wittelsbach war vor 1232 der einstige Klosterbesitz um Beerfelden zugefallen. Als deren Lehensträger konnten die Schenken zu Erbach dort den Südrand ihrer Herrschaft von Freienstein aus schützen lassen. Um 1300 stritten die Erzbischöfe von Mainz jahrzehntelang mit den Pfalzgrafen um das Lorscher Erbe im Odenwald. Die Erbacher Schenken waren in diese Auseinandersetzung hineingezogen und über dem Macht- und Abrundungsstreben der beiden benachbarten Fürsten in schwere Bedrängnis geraten. Die Wahl von 2 Wittelsbachern im 14. und 15. Jahrhundert zum Kaiser, deren Anhänger die Schenken wurden, brachte eine günstige Wendung für sie auch in der Politik der Pfalzgrafschaft. 1328 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer dem Schenken Konrad II. als Anerkennung seiner Treue im Dienste des Reiches Stadtrechte für Beerfelden. Da sich die Zentschöffen gegen den Bau einer Stadtmauer wehrten, blieb Freienstein die bewährte Schutzburg. Sie war besonders im 16. Jahrhundert ein Bindeglied der guten Beziehungen zwischen Kurpfalz und der Grafschaft Erbach.
 

 

Das kleine Schloss bildete den Schauplatz regen Lebens durch jährliche Jagdaufenthalte und längeres Wohnen des Landesherren mit Gefolge. Im 30-jährigen Krieg erlitt es bei starken Truppendurchzügen mehrfacher Beraubung. Um 1800 war die einstige Glanzzeit in Vergessenheit geraten, der spärlich bewohnte Zustand näherte sich dem eines Armenhauses.
Der große Brand von Beerfelden, der 1810 fast 200 Wohnhäuser vernichtete, veranlasste den Grafen Albert zu Erbach-Fürstenau, den Obdachlosen die Dachziegel und das Bauholz der Burg für Behelfsbauten zu überlassen. Die verlassene Ruine wurde ein Wahrzeichen des Gammelsbachtales und ein Wanderziel. Sie steht unter Denkmalschutz.

 

Ansicht Burg Freienstein von Südosten. Bauaufnahme Carl Krauß vom Anfang des 20. Jahrhunderts,

Gräflich-Erbach-Fürstenauisches Archiv.

 

Baubestand
Ein tiefer hufeisenförmiger Halsgraben und die hohe Schildmauer sind die wesentlichen Wehranlagen der auf einem Felssporn stehenden gotischen Hangburg. Den fehlenden Bergfried ersetzte eine Wehrplatte auf dem bergseitigen Teil der Schildmauer. Sie ist in stumpfem Winkel zum Burgweg hin abgeknickt. Wo der kurze abgetreppte Schenkel der Schildmauer mit einem eingezogenen Pfeiler endet, schloss das innere Tor an. Es saß in einer Sperrmauer zwischen dem Schildmauerkopf und dem Kapellenbau, der die Südostecke der Kernburg bildet. Er war ein dreigeschossiger Wohnturm mit quadratischem Grundriss und enthielt die tornahe St. Nikolauskapelle, deren Kapläne 1457 bis 1521 bezeugt sind. Nach seinen verschiedenartigen Tür- und Fenstergewänden erfuhr der Kapellenbau im 14., 15. und 16. Jahrhundert Umbauten. Die Jahreszahl 1513 und 2 etwas jüngere Erker des obersten Geschosses kennzeichnen die bevorzugte Benutzung dieses Bauteils in der Renaissancezeit. An der Hofseite soll ein gotisches Steinrelief des Gekreuzigten gewesen sein.

   

An die lange Westmauer des Innenhofs lehnte sich ein viergeschossiger Baukörper an, der Palas, vor dem Abbruch Saalbau genannt. Die Palasmauer ist mit der Schildmauer verbunden und wurde von ihr erheblich überragt, um das hohe Dach zu schützen. Dieser große Wohnbau war teilweise unterkellert und durch Zwischenmauern in drei Abschnitte aufgeteilt. In der Mitte hatte er ein schönes gotisches Portal mit dem Wappenstein, der jetzt an dem Pfeiler der Schildmauer eingemauert ist (Federzeichnung von Christian Kehrer um 1820). Der kleinste Raum war die Burgküche. Sie berührte die Schildmauer nicht, sondern war von ihr durch einen keilförmigen Zwickel getrennt. Vor der einstigen Küche liegt im Hof ein verschütteter Ziehbrunnen. Zwischen der Kapelle und dem Palas war die überdachte Holztreppe beider Gebäude. Der Palas enthielt die Hofstube und einen Saal, wahrscheinlich war ihm außer der Küche auch die Gesindestube eingegliedert. Unter dem großen Dach war ein Fruchtboden. Die Reiterstube ist am besten im Kapellenbau vorstellbar. Die Kernburg war an dem Rand des Halsgrabens an drei Seiten von dem oberen Zwinger umgeben, dessen Mauerzug nur noch in Resten an der West- und Nordseite erhalten ist. Er weitete sich in dem Eingangsbereich zu einer kleinen Vorburg. Ihre Bebauung mit Pferdestall und Schmiede, Wagenhalle, Geräteschuppen und Backhaus ist nicht mehr erkennbar, der Standort des Torhauses durch ein Grabungsergebnis bekannt. Das Torhaus mit Wächterstube sprang aus der Flucht der Zwingermauer vor und enthielt das Außentor mit Zugbrücke. Davor war ein Zufahrtssteg im Burggraben.
 

 

 

Der mittlere Zwinger liegt am talseitigen Böschungsfuß der Kernburg, deren Ringmauer dort von Strebepfeilern gestützt ist. Unterhalb der Vorburgfläche springt ein Mauerstück mit Pforte vor. Die Fortsetzung der mittleren Zwingermauer berührt den Gefängnisturm, die runde Eckbastion am östlichen Ende des unteren Zwingers, winkelte am Grabenrand ab und lief an ihm aufwärts bis zu dem äußeren Brückentor. So zog sich der mittlere Zwinger um die östliche Ecke der Vorburg.
Der untere Zwinger ist die breite Befestigung der talseitigen Burgflanke aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Zwingermauer ist zwischen dem Gefängnisturm im Osten und einem Schalenturm an der Südecke der Burganlage ausgespannt mit leichtem Knick an einem schwächeren mittleren Schalenturm. Von der Südecke aus greift die abgewinkelte Zwingermauer noch um den mittleren Zwinger bis an die südwestliche Begrenzung des oberen Zwingers. Mit seinen drei Wehrtürmen erhebt sich die lang gestreckte Mitte des unteren Zwingers über einer Gartenterrasse. Von dem Gefängnisturm ging noch eine Umfassungsmauer um das untere Grabende bis hinauf an das äußere Auflager des Zufahrtssteges.

     

     


Erhaltungsmaßnahmen
Nach mehrmaligem Besitzwechsel innerhalb des Hauses Erbach (1503, 1531, 1544) erfolgte um 1550 eine gründliche Instandsetzung. Sie führte nicht zum Verzicht auf die mittelalterliche Wehrhaftigkeit, förderte aber die neue Eigenschaft des Wohnschlosses. Dabei war ein welscher Maurer tätig. Die Burgmauern bekamen einen rauen Verputz, die Ecksteine und Fenstergelände wurden rot angestrichen.
1731 waren Ausbesserungen erforderlich, im restlichen 18. Jahrhundert notdürftige Bauunterhaltungen. Der Verlust der Dächer wirkte sich für die Ruine verhängnisvoll aus, weil das Mauerinnere fast nur aus Sand besteht. Ohne festen Mörtel konnten die durchfeuchteten Mauern bei Frost nicht stabil bleiben. Gegen 1890 wurde an der Innenseite der geborstenen Schildmauer ein Zuganker aus Eisenrohren angebracht und die südliche und westliche Mauerkrone unter Aufsetzen von Zinnen gefestigt. 1938 begegnete man der Einsturzgefahr bei der Schildmauer durch Verringerung ihrer Höhe um etwa 3 m und eine Zementmörtelabdeckung. Diese war nach einem Jahrzehnt zersprungen und durch Baumbewuchs wirkungslos geworden. In mehreren Jahresabschnitten wurden die wichtigsten Mauerkronen der Kernburg und des unteren Zwingers ohne die falschen Zinnenreihen gesichert. Zu den Rückständen gehört die Schutträumung im Innenhof, dessen Pflaster freigelegt werden sollte.


 

  

  

 

Zusammengetragen nach verschiedenen Literaturvorlagen durch Dr. O. Müller im Jahre 1978.
 

Ergänzung des Verkehrsbüros "Beerfelder Land":

Im Mai 1987 trat der erste Mauerausbruch an der Schildmauer ein. Im März 1988 stürzte dann fast die gesamte, kurz vorher ausgebesserten Schildmauer ein. Dabei wurde auch der vorgenannte Wappenstein unter den Trümmern begraben.
Seit 1990 werden die Mauern der Burgruine saniert. Die Kosten hierfür werden von der Stadt Beerfelden, dem Odenwaldkreis und dem Land Hessen getragen.

Fotos - Rug

 

Video Burgruine "Freienstein"

 

Sagen

Wie um viele Burgen und Schlösser, rankt sich auch um die Burg Freienstein ein Kranz von

Erzählungen und Sagen.

Die feurigen Wagen

Konrad Schäfer aus Gammelsbach erzählte: »Ich habe vor einigen Jahren Frucht auf der Hirschhörnerhöhe nicht weit von Freienstein, dem alten Schloss, gehütet. Nachts um zwölfe begegneten mir zwei feurige Kutschen mit grässlichem Gerassel; jede mit vier feurigen Rossen bespannt. Der Zug kam gerade vom Freienstein. Er ist mir öfter begegnet und hat mich jedes Mal gewaltig erschreckt; denn es saßen Leute in den Kutschen, denen die Flamme aus Maul und Augen schlug.«

Kommentar: Mündlich aus dem Odenwald.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 277

 

Der wilde Jäger

 

Wenn zur Herbstzeit der Sturmwind über die Berge braust und die welken Blätter von den Bäumen fegt, zieht der wilde Jäger mit Büchsengeknall, Hundegeheul und Hörnerblasen durch den Odenwald. In der Burg Freienstein macht er Halt und es wird von einer gespenstigen Gestalt berichtet, die ohne Kopf dem wilden Heer voraus zieht.

Wohl eine Erinnerung an Wotan den germanischen Totengott.

 

 

 

Der Schatz der Burg Freienstein

 

In den Verließen der Burg soll ein riesiger Schatz vergraben sein, der aber von zwei grausigen schwarzen Hunden mit Augen "so groß wie Wagenräder" bewacht wird, die jeden verschlingen, der versucht den Schatz zu heben.

 

 

 

Sage vom goldenen Kalb

 

Der Sage nach haben sich in schon christlicher Zeit die Burgleute, ohne  Wissen der Burgherren, wieder dem heidnischen Glauben zugewendet. Als Götzen machten sie sich ein goldenes Kalb, das sie in einem unterirdischen Raum anbeteten. Als dies der Burgherr erfuhr, hatte er seine Untertanen schwer bestraft und das goldene Kalb tief in einen unterirdischen Raum vergraben.


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